UND DIE WEIßE ZELLE SCHWEBT WEITER ..., 2005
Rauminstallation mit Sound im Technikraum der Hamburger Kunsthalle
Holz, Lack, Neonröhren, Gummimatte, Subwoofer, Frequenzgenerator
„Rückkehr ins All“, Kunsthalle Hamburg


Die Wissenschaft der Weltraumfahrt blieb lange Zeit die Geschichte ihrer eigenen Simulation. Bevor die ersten Menschen den Mond betraten, blieb es den Bildern vorbehalten, ein kollektives Bewusstsein für ein Publikum zu schaffen, das die Realität der größten postmodernen Raumexpansion selbst nie erleben würde. Das Hinterfragen dieser fiktiven Teilhabe an der Weltraumerfahrung und der V ersuch, sich in das Bewusstsein von etwas einzufühlen, das jeglicher Wissensgrundlage entbehrt, ziehen sich als Hauptaspekte durch die Space-Arbeiten von Beate Engl.
In der Hamburger Kunsthalle verwandelt die Künstlerin den Technikraum im zweiten Obergeschoß  der Galerie der Gegenwart in eine weiße Zelle, die mit ihren Rohren, Leitungen und Ventilen an die Vorstellung von einer Raumstation anknüpft, wie sie als Bild durch zahlreiche Science-Fiction-Filme überliefert ist. Durch einen Sound-Hintergrund, der in tiefen Frequenzen durch den Raum vibriert, entsteht der Eindruck, dass der Besucher im nächsten Moment in der Ausstellung abheben würde. Eine umgedrehte Tür am Ende des Raumes und die seitlich flackernde Leuchtstofflampe verwirren die Vorstellung von „Oben“ und „Unten“ und lassen den neuen Ort wie eine sphärische Erweiterung der Ungerschen Architektur erscheinen.

Bereits in der Performance „Space is the place Vol.1“ (2003/2004) und dem interaktiven Tagebuch „Space is the place Vol.2“(2004) simuliert Engl die Überwindung von Schwerelosigkeit und erforscht die Möglichkeiten einer Kunstproduktion im Weltall. In Hamburg verbindet sich die Fiktion einer Weltraumerfahrung zusätzlich mit den Assoziationen des klassischen „White Cube“, den das Gebäude der Kunsthalle selbst perfekt verkörpert. Entsprechend inszeniert sich der neu gestaltete Technikraum vor allem in der Ästhetik seiner Architektur und das Prinzip der „freischwebenden weißen Zelle“ (Brian O‘Doherty) wird auf die Vorstellung einer Raumstation übertragen. „Und die weiße Zelle schwebt weiter...“ knüpft damit direkt an das Buchprojekt „Space is a place“ (2004) und die gleichnahmige Videoinstallation (2004, zusammen mit Lenz Schuster) an, in denen die Künstlerin den Weltraum als möglichen Ort für Kunst visioniert. Da die Freiheit des Universums bereits durch kommerzielle und militärische Expansionsansprüche als Utopie entlarvt ist, wäre eine direkte Übertragung des globalisierten Kunstbetriebs ins All ebenso denkbar. Tatsächlich gab es bereits erste Ansätze, um eine Raumstation für Ausstellungszwecke zu nutzen. Unter dem Titel „ars ad astra“ wurden 1995 zwanzig Kunstwerke mit der EUROMIR-Mission ins All geschickt und von den Astronauten mit den einfachsten „musealen“ Mitteln auf einem gespannten Banner präsentiert.




Beate Engl



Beate Engl

Die Raumstation als „White Cube“ bleibt die überspitzte Vision einer kunstinstitutionellen Eroberung des Weltraums, bei der ästhetische, ökonomische und technische Aspekte im Vordergrund stehen. Die Frage, welche Kunst sich in der weißen Raumstation wieder finden könnte, lässt die Künstlerin bewusst offen.

(Text von Anja Casser aus dem  Katalog: „Rückkehr ins All“)